Offline gehen, ist das überhaupt noch möglich? Ist man ohne Smartphone nicht total aufgeschmissen und sogar fast handlungsunfähig? Und welche Vorteile sollte das haben?
Mein unfreiwilliges Selbstexperiment gibt erstaunliche Antworten auf diese Fragen.
Zunächst: Ich hatte es nicht vor, es ist einfach so passiert. Als die Kiste ausging und nicht wieder angehen wollte, war mein Schrecken groß. Jetzt bin ich abgeschnitten von der Außenwelt, einfach komplett abgemeldet. Von Social Media, vom Wetterbericht, von PayPal, Google Maps – und von meinen Kollegen und Freunden. Man wird mich ziemlich bald vergessen. Das war wirklich meine größte Sorge. Weil ich weder erreichbar bin, noch mich zurückmelden kann, werden alle denken, dass ich sie ghoste, nichts mehr mit ihnen zu tun haben will, und sie werden mich irgendwann einfach abschreiben.
Wie gesagt, meine Offline-Zeit war kein Vorsatz, letztendlich war nur die Sim-Karte kaputt. Mit Hilfe meines analogen Festnetztelefons, ja, so etwas besitze ich noch, habe ich das bei meinem Anbieter herausgefunden. Man werde mir eine neue zuschicken, das kann aber vier bis fünf Tage dauern. Uff.
Gut, dass ich noch ein Tastentelefon und einen Laptop habe. Damit sollte ich durchkommen. Dennoch, was ohne Smartphone alles wegfällt, merkte ich erst in dem Moment, als es wegfiel. Morgens beim Kaffee die wichtigsten Meldungen im Handy lesen und noch schnell auf Instagram vorbeischauen – die Ablenkung Nummer 1. Ohne Smartphone: Ich setzte mich wieder ordentlich an einen Tisch und nahm eine Zeitung aus Papier zur Hand. Eine völlige andere Lesequalität.
Das echte Leben ist spannender
Die größte Umstellung war tatsächlich das Kommunikationsverhalten. Keine SMS, kein What‘s App, keine Messenger. Es kamen keine Textnachrichten rein, keine Bilder, keine Videos – und das war sehr angenehm! Ich hatte mehr Zeit und mehr Ruhe. Ich konnte mir genau überlegen, mit wem ich kommunizieren wollte und warum, gab es denn überhaupt einen Grund zur Kontaktaufnahme? Ich war wieder Herr der Lage. Konnte wieder selbst entscheiden, ob, warum und mit wem ich kommunizieren wollte, bevor ich zum Hörer griff. Ich wurde nicht ständig von einem Pling oder Ding Dong unterbrochen, musste nicht auf Nachrichten reagieren, die oft gar keinen Mitteilungswert haben, hatte ohne Instagram keine Ablenkung mehr, die zwar auf den ersten Blick lustig, im Nachhinein aber ein leeres Gefühl hinterlässt – kurz: ich war wieder mit mir und dem echten Leben beschäftigt. Ich war tatsächlich im Moment, das, was wir heutzutage fast verlernt haben. Und es ist sehr entspannend, wirklich.
Als ich nach fünf Tagen der digitalen Enthaltsamkeit mein Handy wieder starten konnte, habe ich kurz die Luft angehalten. Will ich das wirklich alles wissen, was sich in der Zwischenzeit an Nachrichten angesammelt hat? Meine schöne entschleunigte Welt wirklich wieder verlassen?
Mein Fazit: Das Kästchen ab und zu mal auszuschalten oder zumindest lautlos zu stellen und wegzulegen tut gut. Ständiger Input überfordert und erschwert die Konzentrationsfähigkeit, ebenso wie immer verfügbare schnelle Ablenkung. Lustigerweise wird die Welt da draußen wieder bunter, zieht nicht so schnell an einem vorbei, das Erleben intensiver und der Blick für das Wesentliche wieder schärfer.
Ich mache jetzt öfter mal eine digitale Pause. Langeweile kann auch guttun. Stille aushalten, seine Gedanken einfach so vorbeiziehen zu lassen – das erdet und bringt einen wieder in seine Mitte.
- Kein Handy neben dem Bett – am besten ist ein analoger Wecker (kein Funk)
- Push-Nachrichten abschalten
- Sich regelmäßig Offline-Auszeiten nehmen
- Sich mit Freunden treffen und zumindest telefonieren, statt zu schreiben